100 Jahre genossenschaftliches Banking in Bautzen.

Vor dem Ersten Weltkrieg gab es in Bautzen eine Reihe von Banken, so die Sparkassen- und Leihanstalt Budissin, die Landständische Bank, die Dresdner Bank, die Reinhardtsche Bank, die Allgemeine Deutsche Kreditanstalt Leipzig, die Wendische Volksbank AG und die Commerzbank.

Doch die Handwerker und Gewerbetreibenden strebten die Gründung eines eigenen Geldinstitutes an, welches ihre spezifischen Probleme in Bezug auf Kreditgewährung und alle anderen Bankgeschäfte lösen konnte. Aus dem Kreis der Innungen gab es dazu bereits 1911 erste Gedanken. Doch erst 10 Jahre später kommt es zur Gründung der Gewerbebank Bautzen. Eine erste Nachricht dazu finden wir im Protokollbuch des Innungsausschusses Bautzen vom 8. 6. 1921:

Transkription: „… Punkt 5 Gründung der Gewerbebank. Der Vors. gibt bekannt, daß die Gewerbebank am 1. Juni 21 gegründet worden ist wenn auch nur in einen kleinen Kreise, so hofft der Vors. doch, daß die Beteiligung bald größer sein wird. Am 15. d. M. findet in einer weiteren Sitzung die Wahl des Aufsichtsrates und Vorstandes statt. Hierauf finden von verschiedenen Anwesenden noch Anteilzeichnungen bzw. Eintrittserklärungen statt. Vorgelesen und genehmigt G. Schmidt stellv. Schriftf. Christoph Steffen, Hans Lissack, Max Rappelt …“

Aus den verfügbaren Unterlagen lässt sich der Ablauf rekonstruieren:

    1. Am 1. Juni 1921 fand die Versammlung zur Gründung statt.
    2. Am 15. Juni 1921 fand die Gründung statt und es wurde die Satzung angenommen.
    3. Am 15. August 1921 wurde die Bank im Geschäftsraum Vor dem Schülertor 21 eröffnet. Die Einrichtung bestand aus einem Doppelpult, einem Schrank und einem Ladentisch für 160,- Mark sowie geliehenen Gegenständen. Eine elektrische Klingelanlage vom Geschäftsraum zur Wohnung des Vorsitzenden wird aus Sicherheitsgründen installiert.
    4. Am 5. September 1921 wurde die Bank im Genossenschaftsregister eingetragen.

Am 15. März 1923 zog die Bank in eine ehemalige Gaststätte, Hintere Reichenstraße 17 a, Ecke Buttermarkt, um. Die unaufhaltsam fortschreitende Geldentwertung in der Inflationszeit stellte die junge Bank jedoch vor sehr schwierige Probleme. Glücklicherweise konnten diese gelöst werden und das Vertrauen der Mitglieder kehrte zurück und sorgte für eine Belebung des Geschäftes.

Am 23. August 1925 fand diese Belebung ihren Ausdruck in einem Umzug in die größeren Geschäftsräume der früheren Reinhardtschen Bank auf der Goschwitzstraße 23. Diese Adresse war fortan ein fester Begriff im Bankwesen von Bautzen bis zum Jahre 1993.

In den dreißiger Jahren entwickelte sich die Bank stetig. In einer Werbung hieß es: Die Gewerbebank Bautzen e.G.m.b.H. I Bautzen I Fernsprecher 2885 I fördert die heimische Wirtschaft, ist kein auf Erwerb gerichtetes Unternehmen, pflegt den Giroverkehr, nimmt Spareinlagen von jedem entgegen. Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges gestaltete sich der Geschäftsbetrieb immer komplizierter. Kurz vor Kriegsende wurde auch der Vorstand zum Militär eingezogen. Am 8. Mai endet mit der bedingungslosen Kapitulation der zweite Weltkrieg. Wie andere deutsche Städte, war auch Bautzen stark zerstört. Das Gebäude der Gewerbebank Bautzen blieb jedoch verschont.

Das erste Domizil vor dem Schülertor 21
68 Jahre befand sich die Bank im Gebäude Goschwitzstraße 23

Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte am 3.4.1946 die Umbenennung in Gewerbe- und Handwerksbank Bautzen e.G.m.b.H. und am 15.12.1947 in die Bank für Handwerk und Gewerbe e.G.m.b.H. Zur Jahreshauptversammlung am 10.6.1970 musste ein neues Statut beschlossen werden, die Bank erhielt den Namen Genossenschaftsbank für Handwerk und Gewerbe Bautzen. 1974 erfolgte die nächste Umbenennung in Genossenschaftskasse für Handwerk und Gewerbe der DDR Bautzen.

1989 wurde aus dem Traum der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten eine greifbare Realität. Dies wirkte sich auch auf die Genossenschaften aus. Am 7. März 1990 waren die Mitglieder zur Mitgliederversammlung für das Jahr 1989 in den Saal der HOG Erbgericht in Schirgiswalde eingeladen. Im Rechenschaftsbericht begründete der Direktor Karl Friedrich den Vorschlag, dass die Bank künftig den Namen Volksbank Bautzen eG tragen soll. Im handschriftlich geführten Protokollbuch heißt es dazu wörtlich:

„… Mit Begeisterung wird dieser Vorschlag bei 3 Gegenstimmen angenommen. …“. Die Volksbank Bautzen eG war die erste Volksbank in der damaligen DDR, den späteren neuen Bundesländern, die sich diesen Namen gab!

Aus der Rückschau ergibt sich die Verpflichtung: Gegründet wurde die Bank ein Jahr nach der verheerenden Spanischen Grippe, die für Millionen von Toten sorgte. Die Bank überstand die Inflation, die Naziherrschaft, den Zweiten Weltkrieg und die planwirtschaftlichen Eingriffe in der DDR. Der Neubeginn im Zuge der deutschen Wiedervereinigung war schwierig, aber von Euphorie getragen. Wenn wir auf künftige Herausforderungen schauen, dann sind wir gut beraten uns die Geschichte ins Gedächtnis zu rufen.

Die genossenschaftliche Idee hat es dank ihrer inneren Stärke immer wieder geschafft, sich im Zeitgeist zu behaupten.

Mitgliederversammlung im voll besetzten Saal der HOG „Erbgericht“ Schirgiswalde